Neue Wohnungen? Bezahlbare Wohnungen?

Bezahlbare Wohnungen waren ein Versprechen der Stadt, als Baubürgermeister Obert und Investor Martin Müller im Juli 2014 die Planungen nach dem Kauf des sogenannten Areal-C durch die GEM Ingenieurgesellschaft in der Nordstadt vorstellten. Die GEM hatte das 110.000 qm große Grundstück von der Bundesanstalt für Immobilienbesitz BIMA für 35 Mio. Euro gekauft – Martin Müller versprach ein „Dorf für Jedermann“ im neuen Baugebiet.
Neue Wohnungen auf den Flächen der privaten Investoren sind heute fraglicher denn je. Die Gröner Group hat zwischenzeitlich durch Mehrheitsbeteiligung an der GEM die Grundstücke übernommen und 2022 zwei Baufelder mit etwa 15.000 qm für 31,5 Mio. Euro an die Quarterback AG verkauft. Ob die Gröner Group jemals bauen wird, ist angesichts zahlreicher Insolvenzen in der Firmengruppe zumindest offen.

Mit Beschluss eines neuen Bebauungsplans für das Neubaugebiet 2022, wurde Baurecht geschaffen. Der Wert der Grundstücke stieg rasant an. 2 Baufelder mit 15.000 qm wurden mittlerweile für 31,5 Mio. Euro an die Quarterback AG verkauft, ein Unternehmen mit starken Verbindungen zur Vonovia, dem größten Wohnungsbesitzer in Deutschland. Versäumt hat die Stadt eine Pflicht zum Bau eines ausreichenden Anteils an bezahlbaren Wohnungen festzulegen. 20 % solcher Wohnungen sind den privaten Bauherrn auferlegt – viel zu wenig angesichts des Mangels an bezahlbaren Wohnungen in Karlsruhe. Und so werden in der Nordstadt, wenn denn gebaut wird, viele Wohnungen entstehen, die für durchschnittlich verdienende Menschen und Familien nicht erschwinglich sein werden – ein „Dorf für Jedermann“ wird es nicht geben.
Der Stadt fällt eine Politik auf die Füße, die immer wieder auf private Investoren setzt. Deren Ziel ist die Erwirtschaftung von Gewinnen mit Verkauf oder Vermietung von Wohnungen, nicht eine gute Versorgung der örtlichen Bevölkerung. Noch 2006 hätte die Stadt in der Nordstadt das sogenannte Areal-C westlich der Erzbergerstraße für maximal 14 Mio. Euro von der BIMA kaufen können. Zu teuer, fand damals die Stadt. Lediglich 6,85 Mio. wollte sie zahlen – einen Preis von ca. 62 Euro pro qm. Heute sind die Preise um das 10fache gestiegen.
Hat die Stadt aus ihren Fehlern gelernt? 2024 übernahm die Stadt weitere Grundstücksflächen des Landes im Baugebiet. Zwei der neuen städtischen Grundstücke von ca. 7.500 qm sollen ausdrücklich an „gemeinwohlorientierte“ Wohnprojekte vergeben werden. Bevor die Grundstücke ausgeschrieben wurden, wollten OB Mentrup und Finanzbürgermeisterin Luczak-Schwarz eine verpflichtende Vorgabe für mindestens 50% bezahlbare Wohnungen in den Ausschreibungsbedingungen verhindern. Die Quote sei zu „einengend“. Erst durch die Intervention von fünf Fraktionen im Gemeinderat wurde die Verpflichtung zum Bau dieser Quote bezahlbarer Wohnungen beschlossen. Für diese Wohnungen wird dies zu Kaltmieten von ca. 10 Euro pro qm führen. Die Projekte umzusetzen, wird nicht einfach werden. Angesichts der extrem hohen Boden – und Baupreise, sind Stadt und Land gefordert, bestmöglich zu unterstützen.
Die Idee der Gemeinwohlorientierung sollte künftige Wohnungsprojekte und die kommunale Wohnungspolitik leiten. Und diese bleibt ein zahnloser Tiger, wenn nicht bezahlbare gute Wohnungen das Ziel sind. Warum muss eigentlich immer wieder aufs Neue darum gekämpft werden, dass die Stadt den Bau von bezahlbaren Wohnungen in der Stadt und nicht private Investoren unterstützt?
Wolfgang Opferkuch – MiKa

Beitrag aus der Nordstadt-Zeitung 112.